„Wir sind Europa“: Preis für herausragende VWA an Max Kaupp (Maturajahrgang 2023)
Die Europäische Kommission, das Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments und das Österreichische Bildungsministerium hat im Schuljahr 2022/23 zum dritten Mal den Preis „Wir sind Europa“ für herausragende Vorwissenschaftliche Arbeiten zu diesem Thema ausgeschrieben. Bundesweit wurden sechs Schüler*innen ausgezeichnet, darunter auch Max Kaupp, 8M Maturajahrgang 2023. Mit seiner VWA „Die politische Utopie der postnationalen Republik Europa. Überlegungen zur Zukunft der europäischen Idee“ begeisterte er bei seiner VWA-Präsentation nicht nur die Maturakommission in unserem Haus. Am 20. Oktober 2023 fand im Haus der EU in Wien die Preisverleihung statt. Max nahm teil, allerdings online. Derzeit absolviert er nämlich seinen Zivildienst in Ghana. Stellvertretend für ihn nahm Fr. Prof. Rosa Hofbauer, seine VWA-Betreuerin, den Preis entgegen.
Nähere Infos zu „Wir sind Europa“ und Fotos von der Preisverleihung unter: https://www.politik-lernen.at/preis_wirsindeuropa
Herzliche Gratulation, Max!
Rede von Max Kaupp anlässlich der Preisverleihung am 20.10.2023, online zugeschaltet aus Ghana
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrte EuropäerInnen,
Zunächst möchte ich mich sehr herzlich für diese Auszeichnung bei der Jury bedanken. Ich bedauere sehr, dass ich nicht persönlich anwesend sein kann und hoffe aus ganzem Herzen, dass mich das ghanaische Internet und Stromnetz heute nicht im Stich lässt!
Ich bedanke mich auch bei meiner wunderbaren Betreuerin Frau Mag. Hofbauer (welche heute erfreulicherweise in Wien bei Ihnen ist) und vor allem bei meiner Familie. Ohne die zahlreichen Reisen und auch Diskussionen mit ihnen hätte ich nie dieses tiefe Interesse für Europa entwickelt!
Ich denke, dass Projekte wie diese Auszeichnung junge Menschen zu wahrlich glühenden EuropäerInnen machen können. Eine solche Auszeichnung kann viel bewegen: Sie kann den Ausschlag für eine erfolgreiche Bewerbung an Spitzen-Unis geben, oder dazu anregen weiter seinen europäischen Weg zu gehen! Deswegen möchte ich mich auch sehr herzlich bei der Europäischen Kommission in Österreich, beim Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments und beim Bildungsministerium bedanken!
Nun ein paar Worte zum Grund meiner Auszeichnung, meiner VWA: Im Titel meiner Arbeit befindet sich das durchaus kontroverse Wort Utopie. Die Utopie Europas ist für mich nichts Geringeres als der Optimalzustand eines friedlichen, reichen und offenen Europas. Ich habe dieses Thema gewählt, da mir das Utopische in der gegenwärtigen EU-Debatte leider vollkommen fehlt.
Wo wollen wir hin mit unserem Europa? Die Gegner dieser EU wissen das genau: Sie wollen zurück zu einem Europa der Vaterländer, in die Vergangenheit und in den Krieg. Für uns mag die Abneigung gegenüber dieser Vorstellung offensichtlich sein, doch ist sie für einen großen Teil der EuropäerInnen eine vermeintlich einfache Lösung für Inflation, Bürokratie und Migration.
Wir können es Ihnen nicht verdenken! Die europäische Elite verpasst EU-Gipfel auf EU-Gipfel die Chance, das Europäische Feuer in ihren Bürgern zu entfachen und visionäre Ideen vorzustellen. Genau deswegen war es mir wichtig, einmal nicht mit realpolitischen Zwängen zu schreiben, sondern mit dem utopischen „Was wäre wenn?“
Glauben Sie wirklich, nach den Grauen des Zweiten Weltkrieges war es nicht utopisch, einen geeinten, reichen, friedlichen Kontinent mit demokratischen Institutionen zu schaffen? Genauso ist auch heute eine Republik Europa, ein Europa ohne Grenzen utopisch. Doch wie wir gesehen haben, heißt utopisch eben nicht unmöglich! Ich und viele andere junge Menschen möchten ihr Leben einem Optimum, einer Utopie, einer Vision widmen. Nicht einem halbfertigen Konstrukt und dessen vermeintlich alternativloser Erhaltung. Nichts ist realistisch, bis man anfängt daran zu arbeiten. Doch wir verstricken uns immer weiter in den postdemokratischen Fängen eines sich selbst zerstörenden EU-Apparates, anstatt endlich zu einem neuen Narrativ zu kommen.
In der Einleitung meiner VWA steht: „Irgendwann kam ich zu dem Schluss, dass die EU offensichtlich noch weiterentwickelt werden muss, doch mir und vielen anderen fehlte ein Ziel, ein Horizont. Ohne ein Ziel ist es schwer, an eine Institution zu glauben, also machte ich mich auf die Suche nach einer europäischen Utopie.“
Doch ebenso schreibe ich: „Europa ist ein schwieriges Pflaster für politische Utopien, denn die Geschichte zeigt, was aus extremistischen, größenwahnsinnigen Utopien werden kann. Deswegen möchte ich auch betonen, dass die vorgestellte Republik Europa eben eine Richtung vorgeben kann, aber kein absolutes Ziel bildet. Ich möchte den politischen europäischen Horizont erweitern, nicht aber ihn in Stein meißeln.“
Für mich ist die Unvollständigkeit der EU die wichtigste Erkenntnis dieser Arbeit. Ein Binnenmarkt ohne gemeinsame Steuer- und Sozialpolitik gleicht dem Rennen ins offene Messer. Rechtsextremisten europaweit sind ein Symptom der Unvollständigkeit des Systems und eben keine Ursache dessen. Aufgrund dieser Tatsachen möchte ich auch dringend vor der Aufnahme weiterer Mitgliedsländer warnen, bevor nicht die notwendigen Reformen in Gang gesetzt wurden. Orban und co. dürfen keine neuen Freunde finden.
Auf einer Reise durch den Balkan habe ich aber auch festgestellt: Wir müssen uns mit diesen Reformen Beeilen, denn das Europäische Feuer in Ländern wie Albanien und Montenegro ausgehen zu lassen, wäre eine Schande für diesen Kontinent und ein geopolitischer Suizid.
Jetzt aber genug des Trübsal Blasens!
Hier aus dem fernen Ghana kann ich sagen: Wir können stolz sein auf unser Europa. Es ist das, was unsere Heimat ausmacht. Für mich als Doppelstaatsbürger ist es Teil meiner Identität und Europa ist auch meine persönliche Zukunft.
Ich wünsche mir aus ganzem Herzen ein politisiertes Europa mit der Ästhetik einer Republik. Ein wahrlich demokratisches Europa, ohne Kommission und ohne Rat. Ein Europa das seine vier Grundfreiheiten nichtmehr verhöhnt.
Als Salzburger wünsche ich mir besonders: ein Europa ohne Binnengrenzkontrollen. Ein vereintes Europa: Offen, lebenswert und fair nach innen, Stark und handlungsfähig nach außen.
Wie Konrad Adenauer einst schon wusste: „Im Interesse des Friedens, im Interesse des Fortschritts müssen wir Europa schaffen, und wir werden es schaffen.“
Vielen Dank!