Mythen und ihr Weiterwirken: Portfolios der Klasse 7MS
„Mythos“ heißt übersetzt „Erzählung“ und Mythos lebt, solange er erzählt wird – in Worten und Bildern. Damit beschäftigte sich die Klasse 7MS in Latein. Zur Wahl standen etliche Mythen v.a. aus Ovids Metamorphosen. Ähnlich wie im Märchen geht es bei vielen Mythen um Gewalt. Doch während das Märchen mit seinem „happy end“ den Einzug in die Kinderstube schaffte, sind viele dieser Mythen irritierend und dennoch über Jahrtausende hinweg immer wieder Inspiration für KünstlerInnen. So übersetzten die LateinerInnen im Rahmen der Portfolio-Arbeit nicht nur Passagen der Weltliteratur, sondern sie machten sich auch auf die Suche nach deren Weiterwirken bis heute.
Während sich die Klasse 7S mit Beispielen aus der Malerei, Literatur, Film oder Psychologie beschäftigte, setzte die Klasse 7M ihre Mythen im Rahmen des BE-Unterrichts kreativ um. Die SchülerInnen ließen sich von Beispielen aus der Kunst inspirieren, wählten dann den für sie entscheidenden Erzählmoment und konnten sich bei der Umsetzung frei für eine künstlerische Technik entscheiden.
Mag. Christoph Bachinger und Mag. Margit Germann
SchülerInnen der Klasse 7M erzählen im Folgenden ihre Mythen und präsentieren ihre Werke:
Das Lied der Philomela
Philomela, Prokne und Tereus: In diesem Mythos geht es um das Schicksal der Philomela, die von Tereus, dem Gatten ihrer Schwester Prokne, vergewaltig und vom Täter durch das Entfernen ihrer Zunge zum Schweigen gebracht wird. Doch trotzdem findet Philomela einen Weg sich mit ihrer Schwester zu verständigen: Sie webt ihre Leidensgeschichte in ein Gewand und lässt dieses Prokne zukommen. Zusammen rächen sie sich an Tereus.
„Philomelas Lied“: Mein Bild stellt Philomela in dunkler Umgebung dar. Sie hält einen langen Schleier in Händen, auf dem Bilder genäht sind, die ihre Leidensgeschichte und die aller missbrauchten Frauen erzählen. Deswegen ist das Tuch auch unendlich lang. Hinter dem Tor, an dem sie steht, leuchtet allerdings die Hoffnung in warmen Farben.
Diese Szene ist meiner Meinung nach die wichtigste im ganzen Mythos, denn sie zeigt, dass Philomela, obwohl sie ihre Stimme verloren hat, noch immer Hoffnung in sich trägt und der Welt zeigen möchte, was ihr zugestoßen ist. Ich gab diesem Bild den Titel „Philomelas Lied“, weil Musik meiner Meinung nach einen viel stärkeren Effekt auf die Umwelt hat als Sprache. Philomela wurde nicht schwächer durch das Verlieren ihrer Stimme, im Gegensatz, ich glaube, sie wurde viel mächtiger und ihr Streben nach Zuhörer wurde dadurch nur höher.
Meine Meinung: Mir hat dieser Mythos sehr gut gefallen. Da die Geschichte eigentlich ziemlich unbekannt ist, fand ich es sehr interessant, dafür zu recherchieren. Ich habe auch eine Vorliebe für Geschichten mit drei Protagonisten, ein weiterer Grund, weshalb ich diesen Mythos gewählt habe.
Luna Navarro-Hopferwieser
Lykaon. Zwei Gesichter eines Werwolfs
Lykaon: Der Mythos handelt vom Göttervater Jupiter und vom arkadischen Tyrannen Lykaon. Die Geschichte beginnt damit, dass Jupiter das Haus des Tyrannen betritt. Lykaon glaubt nicht daran, dass dieser Fremde wirklich ein Gott sei. Nach einem gescheiterten Mordversuch setzt er Jupiter seinen eigenen Sohn als Mahl vor. Als Strafe für diese unverzeihliche Tat verwandelt er Lykaon in einen Wolf, doch er behält trotzdem Spuren seiner früheren Gestalt.
„Zwei Gesichter“: Ich habe mich entschieden, genau dieses Bild zu zeichnen, da ich den Wolfskopf ziemlich passend für den Mythos fand. Das Bild soll den arkadischen Tyrannen darstellen und seine zwei Gesichter. Seine Augen schauen sehr menschlich aus, was die beibehaltenen Spuren darstellen soll. Dieser Wolf soll den Anführer eines Rudels zeigen, da Lykaon ebenfalls ein Anführer ist. Deshalb sitzt auch eine Königskrone auf der Nase.
Meine Meinung: Am meisten an dem Mythos gefiel mir die Denkweise, dass jeder Mensch zwei Gesichter hat und viele nur das zeigen wollen, was sie für richtig halten. Einige verstellen sich, weil sie Angst davor haben nicht in der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Man kann seinen Charakter nur bis zu einem bestimmten Punkt verändern, doch im Endeffekt kommt heraus, wie und wer man wirklich ist.
Sarah Comes
Narziss. Verliebt in sich selbst
Echo und Narziss: Echo unterhält sich aufgrund einer Bitte von Zeus mit dessen Frau Hera, damit sie ihm nicht nachspioniere. Doch Hera durchschaut die List und verflucht Echo, indem sie ihr die Sprache nimmt. Echo ist nur mehr in der Lage, gehörte Wörter zu wiederholen. So kann sie keine Konversationen mehr führen.
Eines Tages ist Echo im Wald, sieht den jungen, wunderschönen Jäger Narziss und verliebt sich unsterblich in ihn. Doch als sie zu ihm geht, um ihm ihre Liebe zu gestehen, entstehen erst recht viele Missverständnisse. Narziss ist nicht wirklich an Frauen interessiert und stößt Echo voll Verachtung von sich weg. Echo ist zutiefst bestürzt und versteckt sich. Vor Liebeskummer vergeht sie, am Schluss bleibt von ihr nichts mehr übrig war, außer versteinerte Knochen und ihre „Stimme“, das Echo.
Narziss erfährt laut Ovid bittere Rache: Auf der Jagd zieht er sich allein zu einem Teich in einer Waldlichtung zurück, wo er fasziniert von seinem eigenen Spiegelbild sich in sich selbst verliebt.
Narziss im Spiegelbild: Ich habe die Szene gewählt, in der Narziss sich im Spiegelbild des Wassers sieht und sich immer mehr in sich selber verliebt. Durch seine Körperhaltung und Körpersprache wird einem sofort klar, dass er sehr selbstverliebt ist. Für mich ist es sehr interessant, dass Narziss auf diese Art und Weise bestraft wurde und jetzt damit leben muss.
Hamernik Anna-Lara
Deukalion und Pyrrha: Neue Menschen nach der Sintflut
Deukalion und Pyrrha: Als Zeus, der Göttervater feststellt, dass sich die Menschen seinen Geboten widersetzen, beschließt er durch eine Sintflut die Menschen von der Erde zu beseitigen. Dabei läßt er jedoch zwei Menschen verschont: Deukalion und Pyrrha. In der Einsamkeit ausgesetzt, beschließen diese ein Orakel aufzusuchen und dieses um Rat zu bitten. Am Tempel der Themis wird ihnen Folgendes gesagt: „Verhüllt eure Köpfe und werft die Gebeine eurer großen Mutter hinter euch!“ So befolgen sie den Rat der Göttin: Sie heben die Steine vom Boden auf und werfen jene hinter sich. So werden die, welche Deukalion geworfen hat, zu Männern und jene von Pyrrha zu Frauen. Gemeinsam herrschen sie gerecht über ihr neues Volk.
Menschen aus Stein: Mein Bild beschreibt die Szene, in der Deukalion und Pyrrha die Steine hinter sich werfen. Ich habe diese Szene gewählt, da sie für mich die wichtigste im gesamten Mythos ist. Sie beschreibt nicht nur, wie groß der Wille des Menschen sein kann, sondern beweist auch, dass wir alles schaffen können. Anders wie jedoch im Mythos beschrieben, ist die Atmosphäre in meinem Bild sehr ruhig. Zudem habe ich es schwarz-weiß gezeichnet, was die Einheit von Mann und Frau darstellen soll.
Livia Höckner
Orpheus und Eurydike. Musik, Liebe und Trauer
Zum Mythos: Eurydike, die Ehefrau von Orpheus, steigt auf eine Schlange und stirbt. Da ihr Gatte die Trauer nicht aushält, macht er sich auf den Weg in die Unterwelt. Bislang ist noch niemandem dieses Vorhabeben gelungen, doch wegen seinem musikalischen Talent schafft er es die Herrscher der Unterwelt zu überzeugen. Jedoch bekommt er die Bedingung gestellt, sich nicht zu seiner Geliebten um zu drehen, bis beide das Licht der Oberwelt erblickt haben. Kurz vor dem Ziel kommen Zweifel bei Orpheus auf und er dreht sich um. Zwar flehte er noch einige Tage danach um eine zweite Chance doch diesmal blieben die Götter hart.
Musik. Liebe. Trauer: Ich habe diesen Ausschnitt aus dem Mythos gewählt, weil es einer der wichtigsten Szene des Mythos ist. Da Orpheus in dieser Szene gerade versucht mit seinem Gesang die Herrscher der Unterwelt davon zu überzeugen, dass er seine Geliebte Eurydike wieder mit in die Oberwelt nehmen darf. Noch dazu habe ich die drei Schriftzüge Musik, Liebe und Trauer gewählt, weil es meiner Meinung nach die zentralen Themen des Mythos sind und es eine gute Möglichkeit ist, dies präsent auf das Bild zu bringen.
Jupiter und Io: eine verhängnisvolle Affäre
Jupiter und Io: In meinem Mythos wird die Jungfrau Io von Jupiter verführt und in eine weiße Kuh verwandelt, weil Jupiter die hübsche Io vor seiner Frau Juno verstecken will. Seine Ehefrau schöpft allerdings Verdacht und forderte die Kuh als Geschenk. Juno, die schon von der Treulosigkeit ihres Gatten weiß, lässt die Kuh von Argus überwachen. Durch Jupiters Hilfe kann die verwandelte Io fliehen, doch Juno hetzt Io einen Geist in Form einer Stechfliege hinterher, die sie von Europa bis nach Asien verfolgt. In Ägypten wird Io schlussendlich von ihrem Leid befreit und die bringt Jupiters Sohn namens Epaphos zur Welt.
Die Metamorphose der Io: Ich habe diese Szene ausgewählt, weil die Verwandlung in den Metamorphosen von Ovid das Ausschlaggebende ist. Der Kopf ist noch klar erkenntlich, aber der restliche Körper ist schon in eine Kuh verwandelt.