Im Schatten von Mauthausen: Exkursion der 6M und 7M

Luftlinie 2km von Mauthausen entfernt, ein über 8km langes Stollensystem, heute Wohnsiedlung, 1940-1945 KZ-Außenlager für rund 70 000 Menschen. Wovon ist die Rede? Gusen, heute ein Ort mit 830 Einwohner*innen, Ziel der Exkursion der Klassen 6M und 7M am 4. Mai 2023.

Was einen dahin verschlägt? Vor Ort sind die Spuren der Zeitgeschichte auf den ersten Blick verborgen: Auf dem ehemaligen Areal des KZ-Nebenlagers befindet sich eine Siedlung mit Einfamilienhäusern, rund um den ehemaligen Krematoriumsofen ein kleines Memorial. In den angrenzenden Granitwerken wird auch heute noch produziert. Das Jourhaus, ehemaliger Eingang und Sitz der SS-Führung des Lagers, ist heute ein Wohnhaus, die Lagerstraße gesäumt von Gärten. Lediglich die maroden ehemaligen SS-Baracken sowie der Steinbrecher bleiben sichtbar. Dort hörten wir bei der Exkursion über das Lagerleben: „Wo immer wir auch sind, was immer wir auch tun, es hagelt Ohrfeigen, Fausthiebe und wüste Tritte in den Bauch. […] Vom ersten Tag an macht uns der Blockälteste mit dem Gesetz des Lagers vertraut: Jedes Vergehen wird mit dem Tod bestraft.“ Dies berichtete 1946 Bernard Aldebert*, französischer Kunstgrafiker und selbst KZ-Häftling in Gusen I und II. Dorthin wurden ca. 70 000 Menschen verschleppt, rund die Hälfte von ihnen überlebte nicht!

Anschließend konnten wir in Gusen das Stollensystem „Bergkristall“ besuchen. Hinter dieser NS-Tarnbezeichnung verbirgt sich ein unterirdisches Flugzeugwerk, wo ab Ende 1944 Teile der Messerschmitt ME 262, des ersten in Serie gebauten Düsenjagdflugzeugs, produziert wurden. Nach einer kurzen Einführung ging es ausgestattet mit warmer Kleidung und Helmen hinein in den Stollen, dessen Größe beeindruckend ist. Begleitet von einer Mitarbeiterin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen und gebürtigen Gusnerin erfuhren wir von den unmenschlichen Arbeitsbedingungen beim Bau und Betrieb der unterirdischen Fabrik, wobei über 8 600 KZ-Häftlinge ums Leben kamen.
Die Exkursion führte uns nach der Mittagspause auch nach Mauthausen, wo wir mit Hilfe der Mauthausen-Memorial-App das Areal des Konzentrationslagers erkundeten. Im Raum der Namen im Tötungstrakt war auch ein würdiger Ort des Gedenkens zu finden.

Mauthausen und Gusen – Luftlinie nur zwei Kilometer entfernt, zwei Konzentrationslager und doch zwei völlig verschiedene Erinnerungskulturen: hier die Gedenkstätte Mauthausen, dort die Wohnsiedlung Gusen auf ehemaligem Lagerareal und ein KZ-Stollensystem, das nur an wenigen Tagen im Jahr zugänglich ist. Gusen hätten wir ohne den Einsatz von Frau Prof. Hölzl nicht kennengelernt. Sie hat diese Exkursion durch ausführliche Recherchen, einigen Besuchen vor Ort und Kontakten zum Team der Gedenkstätten vorbereitet. Danke für diesen wertvollen Beitrag zur Erinnerungsarbeit!

*Weitere Informationen zu Gusen